Nazim Arslan am 23. Juni 1993 vor dem II. Strafsenat,
Oberlandesgericht Schleswig
Ich kann es immer noch nicht fassen, was am 23. November 1992 mit meiner Familie geschehen ist. Es ist so schrecklich und grausam. Meine Frau Bahide ist tot, Enkelin Yeliz und Ayse Yilmaz sind tot. Meine Schwiegertöchter sind … behindert und haben Schmerzen, die Familie ist überhaupt nicht mehr, was sie war. Meine Frau Bahide war der Mittelpunkt meiner Familie – meines Lebens.
… Man hat uns hergebeten, wir sind gekommen, weil in Deutschland Arbeitskräfte gesucht wurden – und wir haben gearbeitet. Beide haben wir gearbeitet.
… Das Grauen und der Schrecken sind für mich noch immerzu da. Jedesmal, wenn ich in die Mühlenstraße gehe und das ausgebrannte Haus sehe, denke ich an diese grausame Nacht. … Ich höre die Schreie, sehe das Flackern vom Feuer und das blaue Licht der Feuerwehr, höre das laute Getöse von dem Feuer und sehe immer wieder das Bild, wie meine Frau im Rauch und Feuer verschwindet.
… Es ist mir auch so unverständlich, wofür, warum meine Frau und die zwei Mädchen sterben mußten. Weil sie Türkinnen waren?! Weil diese Männer unmenschliche politische Ideen ausführen wollten?
Man hat uns doch hergebeten, wir kamen als Gastarbeiter. Wir waren hier Gäste! Wissen Sie, was Gastfreundschaft in der Türkei bedeutet? … So ein bösartiges Verbrechen kann ich nicht verstehen.
„Die Zeit“ am 11. Dezember 1992
Mölln fühlt sich unschuldig. „Wie soll eine kleine Stadt denn verhindern, daß sich spät in der Nacht ein paar Leute von irgendwoher anschleichen und ein Feuer legen? Das könnte doch überall passieren.“ Aber es ist in Mölln passiert. Und wie sich herausstellt, sind die Täter keine Fremden, sondern die eigenen Kinder.
Serkan Demirtas, Möllner türkischer Abstammung, im November 1993
Ich glaube, die deutsche Bevölkerung hat den Anschlag als sehr grausam empfunden …, aber … man will das nicht als Rechtsradikalismus erkennen; man kommt in der Analyse sehr schnell auf Asylbewerberzahlen und Ausländerkriminalität. Das hat man nicht richtig auseinanderhalten können.
Ein Einwohner Möllns während einer Wahlkampfveranstaltung im März 1994
Ich habe mich damals aufgerafft, in einer Diskussion die Türken zu fragen: „Warum schließt Ihr Eure Frauen immer ein, wenn Ihr weggeht?“ Da wurde zu mir gesagt: „Das ist Kultur, das geht Sie gar nichts an.“ Wenn das – nach meiner Meinung – nicht passiert wäre, daß die Frauen eingeschlossen waren, dann wären sie auch nicht verbrannt.
„Lübecker Nachrichten“ vom 29. September 1993
Die große Furcht, Asylbewerber aus Horst könnten Lauenburg unsicher machen, hat sich indes nicht bewahrheitet. … Dies liege wohl auch daran, daß in Horst und Boizenburg bislang erst 230 Asylbewerber untergebracht seien; geplant ist die zentrale Asyleinrichtung nach wie vor für bis zu 800 Flüchtlinge.
Oberstaatsanwalt Klaus Pflieger, Schlußvortrag der Bundesanwaltschaft im „Mölln-Prozeß“ am 10. November 1993 vor dem Oberlandesgericht Schleswig
Mölln ist … im In- und Ausland zu einem Symbol des Fremdenhasses geworden. Mölln hat andererseits aber auch zu einer neuen Sensibilität im Umgang mit ausländischen Mitbürgern geführt.
Heinrich Lummer, Berliner CDU-Abgeordneter, im Juni 1993
Die Deutschen haben einen Anspruch auf Schutz vor Ausländern.
Möllns Bürgermeister Joachim Dörfler am 23. November 1992
Ich kann nur mit den Worten meines achtjährigen Sohnes sprechen, der heute morgen, als er das erfuhr, sagte: „Papi, in einer solchen Stadt möchte ich nicht mehr leben, wenn das so weitergeht. Auch nicht in einem solchen Land.“
„Hamburger Abendblatt“ vom 24. November 1992
Hoyerswerda, Rostock, Mölln und dazwischen der tägliche Terror – die Liste der neudeutschen Schande wird immer länger. Für jeden Deutschen … ist es an der Zeit …, sich darüber klar zu werden, was auch für ihn auf dem Spiel steht. … Worum es geht, das sind Menschlichkeit und Menschenwürde – auch unsere.
„Die Zeit“ am 04. Juni 1993
Man sieht die Bilder der ausgebrannten Ruine, die Blumen, sieht Ohnmacht und Trauer, die Aggressionen – und blickt in einen Spiegel. Dieser Blick geht mitten in die Gesellschaft, ins fremde Innere der eigenen Republik.
Evert Tezcan, Generalkonsul der Türkei, am 23. November 1992
Ich kann gar nicht glauben, daß wir in 1992, in einem Europa leben.